das ist meine idee für die erste haus.aufgabe, eine kurze geschichte aus neun würfeln.
(ich habe die verwendeten würfel in der geschichte fett markiert.)
‚lucille!‘, schrie die mutter, ‚komm sofort her! die wäsche muss endlich aufgehängt werden, was treibst du denn schon wieder?‘
mit hängenden schultern und traurigem gesicht stand die vierzehn.jährige von ihrer schreib.arbeit auf. der lehrer hatte ihr trotz des widerstands ihres vaters eine private schreib.stunde gegeben, damit sie wie ihre brüder auch schreiben lernen würde, doch die eltern verlangten von ihr so viel arbeit in haus und hof, dass sie nur selten dazu kam, das erlernte auch zu üben.
lucille holte die triefenden kleidungs.stücke aus dem wasch.zuber und schleppte sie in einem korb zur wäsche.leine unter der großen linde, die hinter dem haus ihrer eltern auf einem kleinen hügel stand. dort wehte der wind besonders warm und machte die wäsche nicht nur trocken, sondern auch wunderbar weich.
lucille nahm ein hemd ihres vaters aus dem korb und hängte es über die leine. dann blickte sie sich erstaunt um – hatte da nicht jemand geflüstert?
nein, das musste sie sich eingebildet haben, sie war allein, nur sie und die vielen tropf.nassen kleider. seufzend bückte sie sich, hob einen unter.rock ihrer mutter aus dem korb und hängte ihn zum hemd ihres vaters – da hörte sie es wieder. sie blickte nach oben, in das dichte blätter.werk der linde, und vernahm die worte ganz deutlich:
‚geh hinaus in die welt, lucille, verlass den elterlichen hof! sei frech und wild und wunderbar, du hast es dir redlich verdient!‘
lucille blickte um sich – wer sprach da mit ihr? sie konnte niemanden entdecken, nur eine kleine hummel saß auf einem der unteren äste und schien sie lächelnd anzublicken. das musste sie sich einbilden, vor lauter arbeit war sie also schon verrückt geworden.
sie hängte die restlichen wäsche.stücke auf die leine und verbrachte den verbleibenden tag mit allerlei arbeiten, die ihre eltern ihr auftrugen –
doch als sie abends in ihrem bett lag, gingen ihr die geflüsterte worte nicht aus dem kopf.
hatte die stimme nicht recht? war es nicht endlich an der zeit, dem käfig ihrer eltern zu entfliehen, nicht mehr nur zu arbeiten, sondern endlich zu leben?
lucille setzte sich in ihrem bett auf.
so konnte es nicht weitergehen, lucille dies, lucille das, es war nicht auszuhalten, da hatte die stimme schon recht. sie stieg aus dem bett, griff nach der leinen.tasche darunter, mit der sie sonst an mittwochen immer zum markt ging, stopfte achtlos ein paar kleider hinein, außerdem das schreib.heft und den silbernen würfel, den ihr die groß.mutter einst geschenkt hatte. der war bestimmt wert.voll und konnte ihr gute dienste leisten, wenn sie in not geraten sollte.
mit der tasche in der einen und den schuhen in der anderen hand schlich lucille die treppe hinunter, vorbei am schlaf.zimmer ihrer eltern.
sie hörte den vater schnarchen, ein geräusch, das sie nicht vermissen würde.
sie hörte, wie die mutter sich ächzend im bett umdrehte, auch das würde sie nicht vermissen – den befehls.ton ihrer mutter, nur unterbrochen von leidenden seufzern. lucille schlich in die küche und legte ein blatt papier auf den tisch, auf das sie liebe frau mutter, ich muss endlich frei sein. leb wohl, und grüß mir den vater! schrieb.
dann öffnete sie behutsam die haus.tür, trat ins freie, zog die tür leise wieder hinter sich zu und schlich weiter bis zur linde hinter dem haus.
sie ließ tasche und schuhe zu boden fallen, richtete ihren blick in die blätter des baums und begann sich erst langsam, dann immer schneller mit erhobenen händen und wehendem haar im kreis zu drehen –
sie hatte es geschafft, sie hatte es wirklich geschafft! sie war dem ewigen kreis.lauf aus arbeit, befehlen, noch mehr arbeit und schlafen entkommen, sie war frei, sie konnte endlich leben!
hastig schlüpfte lucille in ihre schuhe, hängte sich die tasche über die schulter und ging einfach los –
ohne sich auch nur einmal umzudrehen schritt sie dahin, weg vom haus, weg von den eltern, hinein in ein neues leben.
ihr lächelndes gesicht strahlte im fahlen mond.licht, doch niemand sah es –
nur die kleine hummel, die noch immer auf einem der unteren äste des baumes saß und ihr mit wohl.wollender miene nachblickte.
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