sich schämen für korrekte rechtschreibung? nein danke. (#kolumne)

letztens wieder, in einem sozialen netzwerk:
jemand schreibt einen kommentar, dann noch einen.
in einem deutsch, dass ich zuerst dachte, er wäre ein kind, das gerade die rechtscheibung erlernt.
weit gefehlt –
ein herr in den fünfzigern saß am anderen ende der digitalen leitung und tippte diese sätze.
doch nicht nur das:
er besserte auch andere aus, entdeckte fehler, wo keine waren, und übersah eine menge echter fehler.
also fasste ich mir ein herz und merkte an, dass er lieber niemanden ausbessern solle, immerhin sei sein eigenes sprachverständnis doch ausbaufähig.

natürlich ging es wieder los, das laute geschrei, ich solle doch selber erst mal schreiben lernen, und überhaupt soll doch jeder schreiben, wie er will, was bilde ich mir denn überhaupt ein.

und wieder einmal dachte ich:
nein, es kann nicht jeder schreiben, wie er will.
es gibt regeln, und diese regeln schützen unsere sprache vor dem kompletten niedergang.
also, würden sie schützen, gäbe es wächter, die darauf achten würden, dass menschen die korrekte schreibung beherrschen.

in der mathematik käme doch auch niemand auf die idee, zu schreiben:
zwei plus zwei ergibt fünf,
und sich dann aufzuregen, wenn jemand ihm erklärt, dass das falsch ist.
niemand würde sich beschweren, dass doch jeder rechnen soll, wie er will, eben weil es in der mathematik anerkannte regeln gibt, an die sich jeder hält.
die gäbs in der deutschen sprache auch – nur beherrscht sie noch kaum jemand, und niemand will sie korrekt anwenden.
nein, ganz im gegenteil:
man ist stolz darauf, nicht schreiben zu können, die andren könnens ja auch nicht, nur die ober.gscheiten, die bilden sich was drauf ein, rechtschreiben zu können.

ja.
stimmt.
ich bin stolz darauf, einen text verfassen zu können, der vielleicht mal einen tipp.fehler enthält, aber keine schweren grammatik.fehler oder eine rechtschreibung, bei der man wörter nur mehr anhand ihres klangs erraten kann.
und nein, ich schäme mich nicht dafür, das zu können.
schämen würde ich mich eher, wenn ich so schraiben würt wi manche der leude die keine komas sezzen und fremdwörder wie ‚musche‘ liber nicht ferwenden solten. am pesten gar kaine wörder.

ja, schämt Euch!
immerhin haben wir das alle gemeinsam in der schule gelernt, eigentlich.
und überlegt Euch:
wenn nicht.rechtschreiben zu können etwas ist, worauf man stolz sein kann –
wo wird das enden?

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© Denis Junker - Fotolia.com

© Denis Junker – Fotolia.com

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eigentlich ist es zum genieren. (#kolumne)

manchmal fragt man sich wirklich, wieso man sich heutzutage dafür genieren muss, etwas zu können, was andere nicht können – oder anders gesagt:
dass mir persönlich dinge wichtig sind, die anderen eben nicht so wichtig sind.

wie ich auf solche gedanken komme?
‚ganz einfach – die sozialen medien mal wieder.
da lernen wir erstens, dass rechtschreibung und ihre korrekte verwendung etwas ist, was in schulen offenbar nicht mehr (und auch bisher nie) gelehrt wurde – oder zumindest viel zu wenig.
und zweitens, dass man immer die oder der blöde ist, wenn man darauf hinweist – weil man zeitgleich all jene darauf hinweist, denen der fehler nicht mal aufgefallen ist.
und das kommt nie gut an.

natürlich klicke ich mich nicht durch katzenbilder und statusmeldungen und verbessere sämtlichen inhalt, der mir unterkommt, keineswegs – aber wenn ich auf einem wissens.kanal, in einer zeitung oder einem anderen medium, das sich ‚wissen‘ ans revers heftet, grobe fehler jedweder art entdecke, dann weise ich darauf hin.
(im konkreten fall: die ‚kokusnuss‘, um die es im beitrag eines von mir hochgeschätzten wissensmagazin ging.)

meist sind die betreiber/innen der kanäle froh, kurz auf fehler solcher art hingewiesen zu werden – immerhin ist ja auch rechtschreibung und die korrekte verwendung gewisser worte eine art von wissen.
und: jedem passieren mal fehler, vor allem wenn man eilig einen beitrag verfasst – und weil niemand seine eigenen fehler korrigieren kann, gibt es korrektor/innen.
an sich alles kein problem.

wären da nicht jene, denen diese fehler nicht auffallen, weil sie diese fehler selber machen – und um ja nicht dumm dazustehen, wird der kleine hinweis aufgebauscht, als wäre es eine frechheit, dass jemand einen fehler entdeckt hat, als hätte man es der polizei oder mindestens herrn zuckerberg gemeldet.
manchmal hab ich den eindruck, es spielt ein wenig der neid mit – dass man selber den fehler nicht erkannt hat, dass man den fehler selbst oft macht, vor allem aber ist eines ausschlaggebend: die unfassbare langeweile, die manch indische tempeltänzerin  zu einem internettroll erster klasse mutieren lässt.

mir persönlich ist das egal.
ich kann damit leben, dass ich rechtschreiben kann, und andere eben nicht.
deswegen mache ich auch, was ich mache.
und internettrolle kann man wunderbar blockieren.

was mir sorgen macht, sind all jene, die man oft abfällig ’nerds‘ schimpft – menschen, die etwas können, was andere nicht können, die dinge wissen, von denen andere keine ahnung haben, und die dafür gehänselt und veralbert werden. von menschen, die man im wahren leben leider nicht einfach blockieren kann.
menschen, die veräppelt werden, einfach nur, weil andere sich blöd vorkommen, weil sie es nicht ertragen können, weniger zu wissen, dumm zu wirken – oder im schlimmsten fall sogar dumm zu sein.

und was macht ein dummer mensch, wenn er merkt, dass er dumm ist?
er veräppelt den klugen, nur damit er sich wenigstens stark vorkommt.
kann es wirklich sein, dass man sich dafür schämen muss, dass man etwas kann, was andere nicht können? jede/r kann doch etwas anderes – solange man sich dessen bewusst ist, könnten doch eigentlich alle friedlich nebeneinander leben, und jede/r tut eben das, was er oder sie gut kann.

oder aber, man macht die stärke eines anderen zu einer schwäche, setzt ihr eine clownsnase auf, kommt sich dadurch wahnsinnig stark vor –
und erreicht, dass sich andere dafür schämen, etwas zu können.

eine vorgehensweise, die nicht tragbar ist.
die unterbunden und gegen die öffentlich vorgegangen werden muss.
denn wir brauchen diese ’nerds‘, die weiterdenken, anders denken, die uns weiterbringen und dinge machen, die wir anderen nicht einmal im ansatz verstehen.
(und nein, ich schreibe jetzt nicht von mir.)

wahre stärke ist es, schwäche zeigen zu können – und auch mal zuzugeben, dass man etwas nicht kann.

niemand kann alles, und irren ist menschlich.
aber wenn schon mama im internet trollen muss, nur weil sie nicht korrekt schreiben kann – welchen umgang mit anderen lehrt sie dann ihren kindern?

***
und weil als argument immer und immer wieder kommt:
aber du schreibst ja alles klein!
ja, tue ich.
mit grund.
ich hab darüber nachgedacht –
und es für alle in worte gefasst: punkt.spiel.
und nein, offizielle briefe oder mails schreibe ich nicht so, das mache ich nur hier, wo ich zu.hause bin.

***

© Denis Junker - Fotolia.com

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